Digitale Demenz
Das (Nicht-) Lernen im digitalen Zeitalter
Unter dem Stichwort „digitale Demenz“ beschäftigte sich dieser Tage Telepolis mit dem (Nicht-) Lernen im digitalen Zeitalter. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen führe nach Aussage des Autors Florian Rötzer dazu, dass Speichermedien mit immer größeren Kapazitäten sowie die schnelle Suchmöglichkeit in Informationsquellen dazu, dass wir Menschen unsere Gedächtnisse quasi auslagerten, auf genau diese Datenspeicher. Untermauert wird die Kernaussage des Artikels durch ein Zitat des Mediziners Prof. Yeon Byeong-kil vom Hallym Medical Center, der die Meinung vertritt, dass sich das Gedächtnis zu Gunsten der Suchfähigkeiten des Gehirnes zurückbildete. Begünstigt wird dies nach Meinung des Mediziners durch eine zunehmende Abhängigkeit von „digitalen Geräten“, womit wahrscheinlich genau jene externen Massenspeicher oder Online-Enzyklopädien gemeint sein dürften.
Interessant finde ich an dieser Stelle die Betonung auf dem Wort digital, schließlich müsste sich das Phänomen auch bei „analogen Medien“ wie Büchern und Archiven beobachten lassen: Man muss nur wissen, wo etwas steht bzw. wo etwas stehen könnte. Allerdings lassen sich Bücher nicht mit /$SUCHBEGRIFF durchsuchen, sondern nur mit Hilfe des Inhalts- sowie – falls vorhanden – Stichwortverzeichnis durchsuchen, d.h. es ist auf jeden Fall auch Informationsaufnahme und -verarbeitung erfordert.
Daten-Persistenz und -lesbarkeit im digitalen Zeitalter
Zum allgemeinen Thema passend gibt es heute einen Artikel auf heise open, in dem es um die dauerhafte Speicherung und Auswertung digitaler Informationen geht – auch hier droht eine Art „Demenz“. Als Lösung schlägt der Autor Mirko Dölle – etwas Anders wäre auf heise open auch gar nicht zu erwarten – offene Formate vor. Aber wie man bereits nach der Einleitung weiß, handelt es bei dem Plädoyer für offene Formate und Standards nicht um ideologische, sondern strategische Überlegungen. Das angeführte Beispiel der nach 15 Jahren nicht mehr lesbaren Abizeitung, weil es das entsprechende DTP-Programm einfach nicht mehr gibt und keine Konverter existieren, dürfte wohl fast jeder aus seinem persönlichen Umgang mit der EDV kennen, sobald ein Generationenwechsel fällig ist und man sich nicht ständig neue Computer und Software anschafft. Ich erinnere mich noch an den Wechsel von einem 80486er zu einem AMD Athlon 80686 – zum Glück hatten beide Rechner ein 3,5''-Diskettenlaufwerk.
Genau hier haben offene und nicht nur maschinen-, sondern auch menschenlesbare Formate echte Vorteile, weil man dann immer noch mit einem simplen Texteditor versuchen kann, den eigentlichen Inhalt zu rekonstruieren. Und obwohl OpenDocument, das Format, welches OpenOffice.org, StarOffice und einige Linux-Büroprogramme verwenden, ist es insofern problematisch, als dass es komprimiert und damit nicht mehr menschenlesbar ist. Da man sich noch nicht einmal auf Backups auf CDs oder DVDs verlassen kann, scheint das gedruckte Wort, die gedruckte Grafik, … immer noch eine sehr gute Methode der langfristigen Datensicherung zu sein – sofern das Papier nicht durch Säure zersetzt wird.