Roberts Kolumne

Roberts Kolumne ist eine Kolumne im klassischen Sinne, mit der Möglichkeit, „Leserbriefe“ zu hinterlassen: Definitiv subjektiv, sanft satirisch und gerne auch mal populistisch.

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Staatliches Hacking

Eingestellt am 10. Dezember 2006 um 22:51 Uhr » Netz-Notizen Sicherheit Gesellschaft

Entgegen dem angekündigten Verbot von „Hackertools“ beschäftigt sich der nordrhein-westfälische Landtag aktuell damit, ob staatliche Stellen von außen Zugriff auf fremde Computer haben dürfen – auch ohne richterliche Anordnung! Begründet wird dies, mal wieder, mit dem so genannten „Kampf gegen den Terror“ und diesmal auch gegen „Verfassungsfeinde“. Wenn demnächst eure Firewall oder der Rootkit-Detektor anspricht: Es könnte „Vater Staat“ sein.

„Bundes-Trojaner“

In Nordrhein-Westfalen (NRW) soll der Verfassungsschutz, ginge es nach dem liberalen (!) Innenminister Wolf, in Zukunft heimlich „auf informationstechnische Systeme auch mit Einsatz technischer Mittel“ zugreifen dürfen. Telepolis weist vollkommen zu Recht darauf hin, dass dies Artikel 13 des Grundgesetzes (Schutz der Wohnung) und teilweise auch Artikel 10 (Brief- und Fernmeldegeheimnis) konterkariert. Wie dieser »Zugriff« geschehen soll, ist allerdings fraglich: Man mag an „dumme Kriminelle“, die Windows-PCs benutzen, noch recht einfach mit passenden Trojanern kommen, aber jeder halbwegs intelligente „Terrorist“ oder Cracker wird wohl auf ein sicheres Betriebssystem umsteigen. Damit wäre wieder einmal bewiesen, dass verstärkte Überwachung nur dem Naiven schadet, während sie den intelligenten unberührt lässt.

Das Internet, unendliche …

… Gefahren, wie der Innenminister meint, schließlich sei es zu Fernuniversität und Trainingscamp für Terroristen „verkommen“. Ich hoffe doch, dass unser Bundesinnenminister damit nicht die Verfassungsschützer aus NRW verunglimpfen will (s.o.). Wie heißt das beste Allheilmittel dagegen? – Überwachung! Genau aus diesem Grund will auch Schäuble das Internet stärker überwachen. Wie er sich das angesichts Milliarden von Webseiten, die meisten davon nicht auf Deutsch vorstellt, behält er erst einmal für sich. Und ob die beim Brandschutz abgezogenen 100 Millionen ¤ reichen, neben dem WWW auch noch sämtliche anderen Internetdienste zu überwachen, ist mehr als fraglich. Allerdings hat Schäuble festgestellt, dass von Trojanern und Computerviren eine gesonderte Gefahr ausgeht, eine Erkenntnis, die beim BKA und in NRW (s.o.) interessanterweise anders gedeutet wird. Aber wie so häufig, wenn Politiker oder Juristen mit dem Internet zu tun haben, läuft es doch wieder auf diesen Slogan heraus:

Das Internet, unendliche Dummheit und mangelnde Sachkenntnis.

Neues Selbstbewusstsein bei der Polizei

Mangelnde Sachkenntnis müssen sich die Ermittlungsbehörden allerdings immer seltener vorwerfen lassen, stattdessen hapert es oft an den technischen Möglichkeiten. Im Zusammenhang mit der Fahndung nach „Amoklauf-Nachahmern“ bekamen vor kurzem Serverbetreiber vom baden-württembergischen Landeskriminalamt (LKA) die Aufforderung, Server-Logs auszuhändigen. Auf Nachfrage (schließlich gibt es Aprilscherze auch außerhalb des Aprils) wurde diese Aufforderung bestätigt und alternativ eine Hausdurchsuchung „angeboten“. In einem Forum, in welchem ein solches »Auskunftsersuchen« veröffentlich wurde, heißt es vom Serverbetreiber zum Gegenstand des Ersuchens:

Also Leute, wenn Ihr jetzt Besuch von Beamten bekommt, die unbedingt Ihre Ausweise zeigen wollen, dann seid Ihr potentielle Amokläufer. Verhaltet Euch im Verhör einfach ganz normal: "LOL, ROFL, Ihr b00ns. Cheater!". Sie werden Euch schon verstehen und sehen dass keine Gefahr von Euch ausgeht.

Noch ein kleiner Tip für die Zukunft: wenn Ihr Witze über Straftaten machen wollt, dann bitte übers Voice und nicht per Chat. Das erspart uns eine Menge Arbeit und Euch eine Menge Stress.

In die Debatte über so genannte „Killerspiele“ steigen wir an dieser Stelle nicht ein, das führt uns zu weit vom Thema weg.

Ein Kontrapunkt

Passend zu diesem Themenkomplex habe ich eine etwas ältere heise-newsticker-Meldung aufgehoben:

„Wir brauchen überwachungsfreie Räume“ für unsere menschliche Entwicklung“, betonte Andreas Pfitzmann, Informatikprofessor an der TU Dresden, die den Anonymisierungsdienst [AN.ON] federführend mit der Uni Regenburg und dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) entwickelt hat.

Begründet wird dies von ihm nicht aus wirtschaftlicher Sicht, was durchaus auch wichtig ist (Schutz vor Geheimdiensten bedeutet ja auch Schutz vor Spionage ausländischer Geheimdienste), sondern aus Sicht des Menschen:

Den Cyberspace bezeichnete Pfitzmann nicht nur als Fortsetzung der physischen Realität, sondern auch „unseres Denkens“. Insofern gehe es im Streit um die spurenlose Fortbewegung im Netz auch darum, „wie viel Gedankenfreiheit im Internet es noch geben soll“.

Als Zuspitzung dessen bezeichnet er überwachungsfreie Räume sogar als Sicherheitsgewinn, weil unverfangen und ohne Furcht über mögliche Gefahren diskutiert werden könne! Ließe sich das ein Innenminister jemals träumen? Leider wohl kaum.


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