Die andere Hälfte der Wahrheit
Dass es einen durch Studiengebühren hervorgerufenen Rückgang der Studierendenzahlen geben wird, wurde von uns Studenten letztes Jahr zur Genüge geäußert und dass es diesen Rückgang tatsächlich gibt, ist empirisch nachweisbar, man muss nur einmal nach Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen schauen. Weniger Studierende können aber angesichts der alljährlichen Ermahnung der OECD – heute passenderweise auf der Titelseite der HNA – nicht das Ziel seriöser Bildungspolitik sein, sondern zur Wahrung unseres Wohlstandes sind mehr Studierende und damit mehr Hochschulabsolventen nötig. Wie dieses Ziel trotz Studiengebühren, die erst die von Ketteritzsch angesprochene Härte, die zur Aufgabe des Studiums führt, funktionieren soll, konnte bislang kein Gebührenfreund erläutern. Die löblicherweise angesprochene, dann aber im Nebensatz verschwindende Härte beeinträchtigt Berufsbiographien fähiger junger Menschen und schadet unnötig der deutschen Wirtschaft. Das ist die eine Hälfte der Wahrheit.
Die andere Hälfte der Wahrheit heißt Langzeitstudiengebühren. Seit deren Einführung 2003 ist es für einen Studenten überhaupt nicht sinnvoll oder gar lohnenswert, länger als nötig an der Hochschule eingeschrieben zu sein. Dem Nutzen des Studierendenstatus stehen Kosten von 500 bis 900 Euro pro Semester zuzüglich zum Semesterbeitrag von rund 200 Euro gegenüber. Eine Monatskarte des NVV ist billiger.
1 Gerd aus Karlsruhe schrieb am 01.10.2007:
Man sollte das System ein bisschen dynamisieren, dann wäre es m.A. durchaus sinnvoll um ein Langzeit-Studium unattraktiv zu machen. Z.B. sollte die Anzahl der notwendigen Semester kostenlos sein und nur im Falle eines Studienabbruchs kostenpflichtig sein.
2 Robert aus Baunatal schrieb am 02.10.2007:
Was ist eigentlich so schlimm an Langzeitstudenten, wenn man das Studium nicht nur als reine Ausbildung betrachtet? Auf diese Frage habe ich bislang leider immer noch keine Antwort bekommen können.
Und auch das mit dem Studienabbruch (zählt da der Wechsel eines Studiengangs dann auch dazu?) ist ebenfalls eine heikle Angelegenheit: Natürlich kann man die „zuviel studierten Semester” als „Luxus” bezeichnen, aber andererseits stellen diese eine nützliche Orientierung für den einzelnen dar. Es ist nun einmal so, dass viele Abiturienten noch nicht wissen, was sie später einmal arbeiten wollen, da kann man meines Erachtens nicht von ihnen verlangen, dass sie mit 18 bereits einen Masterplan ihres Lebens haben.