Wikileaks-Popcorn
Wikileaks: Was ist eigentlich neu?
Nachdem die Whistleblower-Plattform Wikileaks viel Freude mit der Veröffentlichung geheimer US-Botschaftsdepeschen bereitet hat, blieb der große Skandal dabei bislang aus. Die Depeschen enthalten denn auch wenig Neues oder Aufregenswertes über Deutschland. „Teflon-Merkel“, inkompetenter Außenminister, Populist Seehofer, Abschiebestation Brüssel – so dürften wohl viele Deutsche denken und warum sollte das Diplomaten entgehen? Dass die Depeschen wenig diplomatisch ausfallen, verwundert dabei allerdings. Mit Berichten über den Fall des von der CIA entführten Deutschen Khaled al-Masri oder den Rivalitäten im Nahen Osten sind allerdings neue Spannungen in der internationalen Politik durchaus denkbar.
„Scotland Yard“
Kennt noch jemand das Spiel Scotland Yard – Jagd nach einem Kriminellen quer durch London? Obwohl der Gesuchte ab und zu seinen Standort durchgibt, gestaltet sich die Jagd sehr unterhaltsam. Ähnliches konnte bis zur Verhaftung von Wikileaks-Gründer Julian Assange mitverfolgt werden. Doch auch jetzt noch gibt es genug Popcorn in dieser Geschichte, wenn man zuerst den seriösen Postillon – Commissioner: WikiLeaks-Gründer Assange hat sich gut in U-Haft eingelebt – und dann z.B. die Satirezeitung The Guardian liest: Julian Assange put in segregation unit as lawyers aim for bail. Gute Frage ist allerdings, ob sich demnächst andere Nationen für Assanges Behandlung revanchieren. Und für das nächste Popcorn soll laut Deutschlandfunk auch schon gesorgt sein: Wikileaks veröffentlicht wohl demnächst auch Depeschen über die deutsche Kulturdiplomatie.
„Krieg im Netz“
Trotz der großen „Show“ um Wikileaks (und in Deutschland teilweise auch um den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, kurz JMStV) geht es allerdings immer noch auch um ein ernstes Thema, nämlich die Meinungs- und Pressefreiheit (nicht nur im Internet). Nicht nur bei F!XMBR spricht man denn von einem Krieg zwischen Politik und Medien vs. Informationsfreiheit (siehe auch), sondern selbst beim meist zurückhaltenden law blog ist von „Kriegsgerät“ die Rede. Entgegen anderer Erscheinungen im Netz geht es in der Debatte allerdings tatsächlich um einen Gedanken der Hackerethik: Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen.
Von anderer, bürokratisch deutscher Seite bläst Netzautoren ebenfalls Wind entgegen. Die Verabschiedung des so genannten Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) hat in letzter Zeit, erst nachdem der Vertrag den Bundestag und viele Länderparlamente passiert hat, großen Staub aufgewirbelt. Und während mancherorts zu Recht über das merkwürdige Abstimmungsverhalten der Parteien in den einzelnen Bundesländern diskutiert wird, scheint sich die Staubdecke keinesfalls zu legen – nichts Genaues über die Konsequenzen des Staatsvertrags weiß man nicht. Spiegel Online weiß hingegen, dass Zufallsfunde von Pornographie im Netz äußerst selten sind. Soviel also quantitativ zum Thema Internetsperren.